Samstag, 26. Oktober 2013

Die Haare, die Haare...

Eines der Dinge vor denen ich am Meisten Angst hatte seit ich erfahren hab, dass ich Krebs hab, war der Haarausfall. Grade im Hinblick auf die bevorstehende Hochzeit hat mir das Sorgen gemacht. Wer will schon unbedingt mit Glatze oder Perücke heiraten müssen...?!
Die Spezialistin im Perücken-Laden, oder Zweitfrisur-Studio hat mich dann insoweit beruhigt, dass die Erfahrung zeigt, dass die Haare meistens nach genau 14 Tagen seit Beginn der Chemo beginnen aus zu fallen. Und auch dann nicht alles komplett, sondern eben wie bei nem verstärkten Haarausfall. Zur Hochzeit sollte ich also auf jeden Fall noch Haare haben.
Und zu meiner größten Erleichterung war es auch so. Ich wollte die Haare vor der Hochzeit eigentlich nochmal färben, hab mich dann aber nicht getraut, hatte Angst, dass ihnen das den Rest geben würde und sie sich dann doch noch einen Tag vorher verabschieden würden.
Das Frisieren am Montag hat dann gut geklappt, die Frisur die meine Mama mir gezaubert hat war wunderschön.




Überhaupt hatte ich das Gefühl, dass die Haare noch nie so schön, glänzend und lang waren, wie in den 3 oder 4 Wochen in denen ich wusste, dass ich sie bald verlieren würde... als würde ich sie nicht so schon genug vermissen... :-/

Als wir dann am Morgen nach der Hochzeit zusammen saßen und ich mir wie immer mit den Fingern durch die Haare gekämmt habe, war es dann soweit. Ich hatte nicht wie sonst 5, 6 Haare in der Hand, sondern gleich 20, 30. Die anderen wollten mich zwar noch beruhigen und haben es aufs Haarspray geschoben, aber auch bei weiteren Versuchen hatte ich jedes mal wieder ein ganzes Büschel in der Hand. Wirklich faszinierend, es war der 14. Tag seit Beginn der Chemo. Ich falle also perfekt in die Statistik.
Das ging dann erstmal einige Tage so weiter, ich hab mich nicht mehr getraut sie richtig zu kämmen, nur mit einer ganz weichen Bürste. Gewaschen habe ich die Haare auch nicht mehr, zu groß war die Angst, dass sie danach alle im Abfluss liegen würden. Sie wurden aber auch nicht mehr fettig, das ging also mal ein paar Tage. Am Freitag hab ich dann ganze Strähnen raus gezogen, überall hingen und lagen die langen Fäden rum... es war fürchterlich. Ich hatte ja noch mit dem Gedanken gespielt sie mir für den Übergang kurz schneiden zu lassen, für die paar Tage die sie mir noch blieben, schien mir das aber dann doch Geldverschwendung zu sein. Also hab ich spontan entschlossen das ganze selbst in die Hand zu nehmen. Erstmal hab ich mir das Pony geschnitten, das war sowieso lang überfällig. Das wurde zwar etwas schief, war aber trotzdem gar nicht so übel. Nachdem ich dann eine ganze Weile mit der Schere in der Hand vorm Spiegel stand und mich nicht entscheiden konnte auf welcher Länge ich schneiden sollte, hab ich dann einfach in Kinnhöhe an gesetzt und begonnen zu schneiden. Ich hatte echt Angst davor mit dem Schneiden zu beginnen, als ich erst mal angefangen hatte ging es aber ganz gut. Das Ergebnis war für selbst mit der Küchenschere geschnitten gar nicht schlecht. Krumm und schief zwar, aber das kann ja gewollt sein ;-)
Ich konnte zumindest gut damit leben. Es tat nicht ganz so weh die kurzen Haare vom Kopf zu ziehen wie bei den langen. Außerdem bin ich durch die kürzeren eh nicht so oft mit den Fingern gefahren wie durch die langen. Und Komplimente bekam ich auch für die Frisur. Das Wochenende bekam ich also noch ganz gut rum.

Das psychisch schlimmste für mich war die Unsicherheit, wie würde ich es verkraften, wie würde ich aussehen, so ganz ohne Haare. Eine Perücke hatte ich nicht, die Entscheidung für oder gegen eine professionelle Perücke wollte ich mir offen halten bis die Haare wirklich weg waren. Ich wollte erstmal abwarten, wollte sehen ob ich das Bedürfnis hätte, eine "richtige" Perücke zu haben, oder ob mir Mützen und Perücken aus dem Internet reichen würden. Das ist ja keine unerhebliche finanzielle Entscheidung. Die Perücke die für mich infrage gekommen wäre sollte fast 600€ kosten und da meine wunderbare AOK nur 205€ zu zahlt, bliebe da noch ein ganz schöner Batzen für uns übrig. Deswegen wollte ich mir erst ganz sicher sein, dass ich sie wirklich wollen und vor allem brauchen würde, bevor ich mich endgültig für die Profi-Perücke entscheide.
Im Hinblick darauf hatte ich mir noch im Krankenhaus eine Perücke im Internet bestellt. Die kam allerdings aus China, brauchte also eine halbe Ewigkeit um zu mir zu kommen. Am Montag nach der Hochzeit war sie endlich da. Und das war perfektes Timing, meine Haare hatten mittlerweile nämlich doch mal eine Wäsche nötig. Dadurch dass ich sie ja nicht mehr richtig kämmen konnte und auch nicht mehr so obsessiv die losen Haare raus zog, begannen diese langsam mit den noch festen zu verfilzen.
Ich war vorm duschen schon völlig mit den Nerven am Ende, noch nie hatte ich so viel Angst davor meine Haare nass zu machen wie an diesem Tag.
Mein Mann (!!!freu!!!) und ich hatten beschlossen, dass ich es versuchen sollte und wenn sie sich wirklich in so großen Mengen verabschieden würden wie ich es befürchtete, würden wir sie anschließend komplett ab rasieren. Da an diesem Tag nun endlich die Perücke gekommen war, war ich wenigstens etwas beruhigt, denn ich hatte ja etwas unter dem ich mich verstecken könnte, wenn es allzu schrecklich aussehen würde.
Da stand ich dann also unter der Dusche und traute mich nicht meine Haare nass zu machen. Nach viel gutem zu reden tat ich es endlich und es kam wie befürchtet. Sofort flossen die Haare mit dem Wasser vom Kopf. Ich versuchte trotzdem sie zu waschen, aber es war schrecklich. Statt das Shampoo ein zu massieren, massierte ich quasi die Haare ab. So kam es mir zumindest vor. Das war dann zu viel und so fand mich mein Schatz dann bitterlich weinend unter der Dusche, die Hände voll Haaren. Das war der Moment in dem abschließend beschlossen wurde, sie ab zu rasieren. Ich spülte immer noch weinend den Schaum ab, dann kämmte ich die Haare nochmal richtig durch, wobei ein Großteil ab ging. Ich hatte nun zwar immer noch viele Haare auf dem Kopf, aber sichtbar dünner als normal, mit kahlen Stellen dazwischen. Soviel geweint wie an diesem Morgen habe ich während der ganzen Krankheitszeit nicht mal als wir die Diagnose bekamen, nur an dem Tag als mir klar wurde, dass ich vielleicht keine Kinder mehr bekommen kann wenn alles vorbei ist. Eigentlich total bescheuert, sind ja nur Haare und die wachsen ja auch wieder nach, aber es war trotzdem schrecklich. Die Ungewissheit wie es aus sehen würde und einfach die Tatsache, dass ich mich nun nach all den Jahren in denen ich sie gehegt und gepflegt und wachsen lassen habe, von meinen Haaren trennen musste.
Tja, da saß ich dann nun also weinend auf meinem Stuhl und ließ mir von meinem frisch Angetrauten die Haare ab rasieren. Für ihn war es wahrscheinlich noch schlimmer als für mich, aber als er erstmal an gefangen hatte, hab ich mich dann recht schnell beruhigt. Im Nachhinein war die Überwindung das schwerste. Als es kein zurück mehr gab ging es dann. Wir haben zwischendurch noch ein paar lustige Frisuren getestet. Für nen Iro waren leider nicht mehr genug Haare da, aber für nen Undercut und ne schicke Halbglatze hat es noch gereicht ;-)
Und dann waren sie weg. Und es war nicht mal halb so schlimm wie ich befürchtet hatte. Mittlerweile hab ich mich dran gewöhnt, daheim laufe ich meistens ohne Mütze und alles herum, draußen mit Mütze oder Perücke. Meine Mützenkollektion ist recht ansehnlich geworden und ich habe mir, wie ich mir noch im Krankenhaus vorgenommen hatte, im Internet noch andere Perücken bestellt. Drei Stück habe ich zur Zeit, eine mit langem leicht gelocktem braunen Haar, eine schwarze kinnlange und eine knall rote, mit schulterlangem Haar. Die gefällt mir am besten, sie hat eine wirklich gute Qualität, vor allem wenn man bedenkt, dass sie nur 18€ gekostet hat. Ich will mir auf jeden Fall noch mindestens eine zu legen, in irgend ner knalligen Farbe, grün oder blau oder so :-D

Meine Frisuren-Sammlung :)

Ich habe mich also gegen eine Profi-Perücke entschieden. Das Geld ist es mir einfach nicht wert, jede meiner billigen Perücken gefällt mir um einiges besser als die teuren die ich getestet hatte. Für Menschen die nicht unbedingt wollen, dass man sieht, dass sie eine Perücke tragen sind professionelle sicher das Richtige, aber da bei mir sowieso jedes weiß was ich habe und ich die Perücken eher als Gelegenheit sehe mal was neues aus zu probieren, ist das die beste Lösung für mich. Und damit kann ich mittlerweile recht gut leben :-)



Freitag, 25. Oktober 2013

Lang lang ist's her...

...seit meinem letzten Post. In der Zwischenzeit ist einiges passiert:

Ich hatte meinen ersten Chemozyklus, hab das Krankenhaus verlassen, geheiratet (!!!! *freufreufreu* !!!!), meine Haare büschelweise verloren, den zweiten Chemozyklus ambulant gehabt, die Haare kinnlang geschnitten, 3 Tage später abrasiert, ein Kosmetikseminar für Chemopatientinnen besucht und nun meinen dritten Chemozyklus erfolgreich beendet.

Den ersten Zyklus habe ich ja etwas ausführlicher beschrieben (Chemo die Erste), zum zweiten und dritten gibt's eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Diese und alle weiteren Zyklen werden ambulant durchgeführt und bis jetzt lief auch alles gut. Zum Glück dauert das alles nicht so lang, mittags bin ich meistens draußen aus dem Krankenhaus. Danach war ich jedesmal für 3, 4 Tage ziemlich geschwächt, dauermüde und hab mich einfach rundum unwohl gefühlt. Den Rest der chemofreien Zeit konnte ich aber bislang recht "normal" verbringen. Klar muss ich mich von größeren Menschenmengen fernhalten und kann deshalb auch nicht arbeiten gehen, aber ansonsten kann ich recht viel machen und fühle mich auch ganz ok. Ehrlich gesagt habe ich teilweise ein schlechtes Gewissen, weil es mir "so gut" geht und ich mich meistens gar nicht wirklich krank fühle, während andere Krebspatienten so leiden, aber ich weiß, dass es im Verlauf der Behandlung noch schlimmer werden kann, und bin deshalb einfach nur dankbar für die Zeit in der es mir noch recht gut geht.

Das Kosmetikseminar war klasse. Angeboten wird das durch die dkms life und richtet sich speziell an Chemo-Patientinnen, die lernen wollen wie sie die Folgen für die Haut kaschieren und den Haarverlust etwas kompensieren können. 
Das Seminar fand bei uns im Krankenhaus statt und war durch ein Plakat angekündigt worden. Das hatte ich durch Zufall gesehen als ich auf Station lag und mich direkt angemeldet, es können nämlich immer nur 10 Frauen teilnehmen. Kurz vor der dritten Chemo war es dann endlich so weit. Es hat total viel Spaß gemacht, wir waren eine bunte Gruppe aus allen Altersgruppen. 
Wir bekamen jeder eine Tasche mit richtig tollen Kosmetikprodukten, von Reinigungsmilch über Lidschatten bis Bronzer, die wir am Ende behalten durften und haben dann geübt jedes der Produkte anzuwenden. Nun kann ich endlich nen Lidstrich ziehen ;-)
Von den Produkten bin ich immer noch absolut begeistert. Die Seminare werden von Douglas und verschiedenen Kosmetikfirmen gesponsert, deshalb waren 2 Lidschatten und Puder-Make up von Shiseido, Reinigungsmilch und Gesichtswasser von Lancaster und jede Menge andere tolle Dinge die ich mir niemals leisten könnte, drin. 

So, ich denke das reicht erstmal für einen Post 
;-)

Bis bald :-)



Donnerstag, 17. Oktober 2013

Zur Abwechslung mal wieder was anderes :)

Bei Facebook habe ich eine tolle Aktion entdeckt. Unter diesem Link:

https://www.picanova.de/leinwandoffensive/

bekommt man einen Gutschein für eine 30x20cm Fotoleinwand im Wert von 29,90€. Man muss dann nur noch den Versand in Höhe von 6,90€ bezahlen. Und wenn ich es richtig verstanden habe, kann man sich den Gutscheinwert auch auf größere Leinwand-Formate anrechnen lassen. Den Gutschein kann man bis zum 7.11. einlösen.

Ich finde die Aktion klasse, werde ich doch direkt mal für ein Hochzeitsbild nutzen ;)


Bis Bald :)

Chemo die Erste (etwas spät...)

Mittlerweile habe ich schon die dritte Chemo hinter mir und es nun endlich mal wieder geschafft weiter zu schreiben. Dabei fiel mir auf dass ich völlig vergessen habe, den Bericht der ersten Chemo zu veröffentlichen. Das wird hiermit erstmal nachgeholt: 


Die erste Chemo hab ich nun also hinter mir. Bis jetzt ging es eigentlich, unmittelbar hatte ich kaum mit Nebenwirkungen zu kämpfen. Natürlich kommen noch die erzögerten auf mich zu, Haarausfall, Infektanfälligkeit und so weiter. Aber dank der neuen Medikamente die es gibt, blieb es mir wenigstens schon mal erspart, die ganze Zeit über der Kloschüssel zu hängen ;-)
Aber mal von vorn...
Am Mittwoch ging es nun endlich los. Ich bekam morgens schon einen 2-Liter-Beutel Kochsalz-Lösung an gehangen, der ab da langsam innerhalb von 20 Stunden durch lief, als Unterstützung für die Nieren. Dann wurden mir noch einige Medikamente gespritzt, gegen die Nebenwirkungen. Und dann wurde ein Beutel Rituximab dran gehangen. Das ist ein spezieller Antikörper, der sich an dafür geeignete Rezeptoren auf den Tumorzellen setzt und diese somit als "böse" markiert. Dadurch erkennt das Immunsystem die Zellen und kann sie bekämpfen.
Zuerst lief das Zeug nur sehr langsam rein, um zu testen, ob ich direkt allergisch darauf reagiere. Da das nicht passiert ist, wurde die Geschwindigkeit gesteigert. Nach der zweiten Steigerung, die für meine Begriffe ziemlich heftig, weil 12-fach war, ging es mir plötzlich rapide schlechter. Erst wurde mein Hals total kratzig und trocken, als hätte ich seit Ewigkeiten nichts mehr getrunken. Dann wurde mir sehr schwindlig und ich hab mich extrem schwach gefühlt, konnte meine Arme kaum noch heben. Der Arzt kam dann gleich und hat mich untersucht, die Durchflussrate wurde halbiert und innerhalb von wenigen Minuten fühlte ich mich wieder deutlich besser. So konnte die Infusion dann zwar langsamer, aber dafür komplett einlaufen. Nachdem ich mich etwas ausgeruht hatte, konnte ich zum Abendessen sogar wieder auf stehen. 
Allerdings will ich ganz ehrlich sein. Als ich da lag, meine Arme kaum heben konnte und mich so schwach und hilflos fühlte, da war ich wirklich kurz davor zu verzweifeln. Wenn die Antikörper mich schon in die Knie zwingen, was soll dann erst die "richtige" Chemo anrichten? Wie soll ich das schaffen? 
Demzufolge war ich Donnerstag auch ziemlich nervös bevor es los ging. 
Als erstes bekam ich wieder einen großen Beutel Wasser und nun zusätzlich auch noch Cortison und andere Medikamente. Dann lief der erste Chemo-Beutel ein, Cyclophosphamid.
Als zweites wieder ein Beutel Vincristin und als letztes war die große Spritze Doxorubicin dran. Das Zeug ist wohl extrem gewebeschädlich, weshalb es nicht einfach per Infusion ein läuft, sondern vom Arzt langsam und schlückchenweise direkt in den Port gespritzt wird, wobei es zwischendurch immer wieder verdünnt wird. Würde es ins Gewebe laufen statt in die Vene, dann würde es dieses sofort zersetzen. Keine hübsche Vorstellung. Deshalb hatte ich während der halben Stunde auch nen Herzschlag wie ein kleines Nagetier. Naja, war bestimmt gut, dann konnte es sich schneller verteilen ;-)
Bis auf die Nervosität ging es mir aber während der ganzen Prozedur ziemlich gut. Nichts im Vergleich zum Vortag. 
Hoffen wir mal, dass das auch in Zukunft so bleibt :-)